DA_SEIN, Erste Tageslosung: putzen, reparieren, bauen, tanzen, backen
Die Plattform ist ein Floß und treibt durch den Regen. Wir kommen an, bauen auf, reparieren die Beplankung, putzen die Umrandung und arbeiten uns ab. Es ist kühl und wir tanzen uns warm. Wurzelbürsten, Hefeteig und rote Ponchos bestimmen den Tag. Kleine Brötchen gibt es auch bei Regen und einige neugierige Besuche auch. Sechs Stunden konzentriert und mit Energie auf dem Floß – nun sind wir DA.
DA_SEIN, Zweite Tageslosung: anders bauen, weiter schrubben, wieder backen und tanzen, warten
Mit uns HIER sind heute diejenigen, die sonst DA sind. „Euer Floß heißt Bühne“, sagen die Kinder und übernehmen die Wurzelbürsten. Abgeschrubbtes Mooswasser fließt in grünen Rinnsalen über den Beton. Der fliegende Bambusbau muss nicht mehr als Sturmnotlösung errichtet werden – er ist gewachsen. „Was macht ihr? Kann ich helfen?“ Zwei Sätze, die die nächsten Tage begleiten werden. Der Teig fühlt sich gut an. Kinderhände formen. Wir kommen nicht zum Abwarten, wir werden beschäftigt. Das Backblech ist fix leergegessen. Warme Brötchen im Bauch.
DA_SEIN, Dritte Tageslosung: weiter machen, Pause machen, schreiben
Ritual: Jeder Tag auf der Bühne beginnt mit dem Bau des Unterstandes für uns und den Herd. Wir probieren und variieren seine Gestalt. Die Plattform ist eine Fläche, aber auch ein beschützender Raum. Hier branden die Kinder der Siedlung wie Wellen an und verschwinden plötzlich wieder. Es ist ein Kommen und Gehen. Hier ist man viel draußen.
Wir sind DA, machen weiter und Pause und bekommen Besuch aus der Stadt. Auf dem Betonring um die Fläche wächst Schrift an. Leuchtend umfängt sie die Bühne und erzählt von unseren Tätigkeiten vor Ort.
DA_SEIN, Vierte Tageslosung: HIER + DA SEIN
Heute wird die Bühne zum Gastraum. Der Wittenberger Weg ist Teil der „Kunstpunkte“. Wir verdoppeln die Teigmenge und bauen das Bambusdach ein bisschen größer. „ALLE sehen, was wir machen,“ sagt Milano, der mit seinem Bruder längst zu einem Teil der Witti-Bühnen-Familie geworden ist und täglich hilft. Unser Tun strahlt in die Siedlung hinein – noch heiße Brötchen werden von rennenden Kindern fortgetragen. Im Gastraum mischen sich Menschen von HIER und DA. Die Sommernacht verwandelt Plattform und Umgebung in eine Filmkulisse. Die letzten Gäste gehen um Mitternacht.
DA_SEIN, Fünfte Tageslosung: wiederholen und tafeln
Als Sonnendeck gibt sich die Plattform heute. Wir schwitzen und bauen den Bambusunterstand so schön schief auf wie noch nie. Und die Backstube wird voller: Die Teams wechseln. Es wird geknetet, geformt, gewartet, verkostet und verteilt. Der Umgang mit dem DA_SEIN in Form von Worttafeln entfaltet sich wie von selbst. Es werden Variationen und Spielideen gefunden. Ein Chor, der „HIER! DA! SEIN!“ murmelt oder ruft, schwillt immer wieder an. Unerwartet und ohne choreografische Eingriffe scheint er die Essenz unserer Aktion zu verkünden.
DA_SEIN, Sechste Tageslosung: bleiben und gehen
Unser letzter Tag auf dem Floß / der Bühne / im Gastraum / auf dem Sonnendeck. Der Kreis schließt sich mit dem Bau einer sturmtauglichen Zeltvariante. Doch das angekündigte Unwetter bleibt aus. Der Hund aus der Stadt – groß, weiß und freundlich – begeistert die Kinder. Wir backen, spielen, reden, lümmeln. Die Sonne unterstützt das ehrgeizlose DA_SEIN. Unseren Abschied leiten wir ein, indem die Buchstaben vom Betonring abgetragen werden. Die geformte Kugel, in der alle Witti-Bühnen-Worte stecken, nehmen wir mit. Ein letztes Mal wird abgebaut und weggeräumt. Wir gehen. Und hinterlassen Erinnerungen an Begegnungen und den Geschmack süßer Brötchen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.